Eines der faszinierendsten Stadtplanungsprojekte derzeit ist die aspern Seestadt. Nicht nur ist sie eines der größten städtebaulichen Entwicklungsgebiete Europas, sondern werden hier auch viele innovative Ansätze des Zusammenlebens und -arbeitens erprobt. In der nächsten Dekade sollen hier, so das formulierte Entwicklungsziel, 25.000 BewohnerInnen und 20.000 ArbeitnehmerInnen möglichst nachhaltig, gut versorgt und vernetzt leben.
Die Herausforderung besteht darin, räumliche Interaktionen zu messen und sicherzustellen, dass sie den Anforderungen an Nachhaltigkeit gerecht werden. Gleichzeitig sollen gezielte Interventionen die Entwicklung in diese gewünschte Richtung lenken. In diesem Kontext unterstützt Catchment seine Partner TU Wien, TU Graz, Invenium und die Entwicklungsgesellschaft Wien 3420 im Projekt MultiMo Fusion bei der datenbasierten Annäherung an das Thema.
Bei MultiMoFusion geht es darum, einzelne Datenpunkte zu fusionieren - aus Mobilfunkdaten (Floating Phone Data, FPD) zum einen, aus Smartphone-Trackingdaten (Smartphone Assisted Self-Interview, SMASI) zum anderen. Dadurch sollen die Stärken beider Datensätze gestärkt und die Schwächen abgeschwächt werden. Während Mobilfunkdaten aggregierte räumliche und zeitliche Informationen enthalten und eine gewisse Repräsentativität aufweisen, punktet das Smartphone-Tracking in Sachen Detailinformationen mit Blick auf individuelle Mobilität und Aktivitäten.
MultiMoFusion startete im November und hat eine Laufzeit von drei Jahren. Das Konsortium wird im Rahmen der FFG-Ausschreibung "Mobilität (2022) - Städte und Digitalisierung" gefördert.
aspern Seestadt von oben
Parallel zur Datenfusion verschmilzt auch das Neubaugebiet kontinuierlich mit der städtischen Struktur im Bestand. Interaktionen zwischen der Seestadt und den umliegenden Siedlungsstrukturen oder dem Zentrum müssen wachsen und können überraschende Richtungen einschlagen. Insbesondere das 40-40-20-Ziel im Modal Split ist ein Meilenstein: die große Mehrzahl der Wege sollen im Umweltverbund von ÖV (40%), Rad und Fuß (40%) zurückgelegt werden und nur 20% mit dem Auto (MIV - also zumeist dem Auto).
Die fusionierten Mobilitätsnachfragedaten sollen dazu genutzt werden, nachhaltige Verkehrsträger zu stärken und die Erreichbarkeit der Places of Interest (POIs) zu erhöhen. Im Use-Case von MultiMoFusion möchten wir das vermeintliche Dilemma auflösen: Informationen und Anreize sollen sowohl Fußgänger, Radfahrer als auch Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs und von Mikromobilität fördern und gleichzeitig die Erreichbarkeit urbaner Ziele verbessern. Basierend auf aktuellen Einzugsbereichen wichtiger Zielorte in der aspern Seestadt kann über kooperierende Mobilitätsapps ein "Nudging" für nachhaltigere Mobilitätsmuster ermöglicht werden.
Die Einzugsbereiche können über die fusionierten Datensätze fortlaufend aktualisiert werden. Die Catchment Connectivity Platform spielt in diesem Use-Case eine zentrale Rolle, als Schnittstelle zwischen Kampagnen und Mobilitätsanbietern. Neben dem Einsatz des Connectivity-Tools werden auch konventionelle Interventionen vor Ort und Kampagnen im Online-Marketing das Vorhaben begleiten.
Das Projekt kann als Blaupause für den Einsatz digitaler Infrastruktur zur Verbesserung der Erreichbarkeit dienen und ist darauf ausgelegt, dass die im Projekt erprobten Abläufe auf andere Räume übertragbar sind. In Zeiten, in denen unsere Städte im Umbruch sind – siehe dem digitalen Umbruch, der anvisierten CO2-Neutralität der Kommunen oder der spätestens damit notwendigen Mobilitätswende –, bietet das MultiMoFusion-Projekt eine seltene Chance: innovative Maßnahmen zur Erreichbarkeit zu konzipieren, sie im spannenden Reallabor aspern Seestadt zu erproben sowie mit der besten Grundlage an Mobilitätsnachfragedaten zu evaluieren.
Interessierte können das Projekt über weitere Beiträge u.a. auf catchment.de verfolgen. Gerne treten wir auch direkt mit Ihnen in den Austausch: schreiben Sie uns dazu einfach eine Email. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Projektseite der FFG.